Sonntag, 17. April 2011

Gegen die Erhöhung der Bibliotheksgebühren!

In der letzten Stadtverordnetenversammlung stand die Entscheidung über die Erhöhung der Bibliiotheksgebühren auf der Tagesordnung. Für meine Fraktion sprach ich dagegen. Leider ohne Erfolg. SPD und Grüne, CDU und FDP votierten gesclossen für die Erhöhung. Bildungsförderung sieht anders aus. Nachfolgend dokumentiere ich meinen Redebeitrag dazu:


Die Linksfraktion wird heute gegen die Gebührenerhöhung für die Leserinnen und Leser der Bibliothek gestimmt.  Bibliotheken – als öffentliche Bildungseinrichtungen für alle sind keine Erfindung eines aufgeklärten Bürgertums. Bibliotheken, wie wir sie kennen und nutzen - also als Orte der Begegnung mit Kultur und Wissen, und nicht Archive von Wissen,  sind entstanden aus der emanzipierten Arbeiterbewegung. Es waren die Arbeiterbildungsvereine, die kostenlosen Zugang zum Wissen organisierten. Hier konnte Aufklärung und Bildung – unabhängig von Herkunft und Verdienst – erworben werden. Diesen Anspruch haben wir in Fürstenwalde durch Einführung von Bibliotheksbenutzungsgebühren schon grundsätzlich verlassen. Schade eigentlich.

Doch die Mitarbeiterinnen (leider alles nur Frauen – männliche Bibliothekare sind sicher hilfreich für den Zugang gerade der wenig bücherafinen Jungs) der Bibliothek haben in der Vergangenheit in einer Mischung aus hohem, meist zusätzlichem Engagement, aus eingeworbenen Spenden und Fördermitteln und dem städtischen Budget es geschafft, die Zahl der LeserInnen, gerade von Kindern und Jugendlichen , gerade aus sozialschwachen Familien und aus Familien mit Migrationshintergrund, deutlich zu erhöhen, attraktive Veranstaltungen und Programme zu entwickeln und auch das Medienkontingent attraktiv zu halten.

Gerade wegen der jetzigen und nicht der künftigen Gebühren.

Die Gefahr ist deutlich spürbar – und die Mitarbeiterinnen der Bibliothek haben dies in verschiedenen Gesprächen auch klar benannt -  eine Erhöhung der Gebühren – auch eine moderate – wird negativen Einfluss auf die Entwicklung der Nutzerzahlen haben, wird  die „psychologische“ Schwelle zum Bibliotheksbesuch und zum Lesen wieder höher machen, als sie es sowieso schon ist.

Die Arbeiterbildungsvereine wussten, warum sie kostenlosen Bildung und kostenlose Bibliotheken schufen. Denn gerade Stigmatisierung (und Gebühren sind auch nur Mittel von Stigmatisierung!) verhindert den freien Zugang aller zu Bildung und Medien.

Unabhängig davon, ob bei den NutzerInnen nur der Eindruck entsteht, wir können es uns nicht leisten oder ob es wirklich so ist, wird das langjährige Engagement zur Leseförderung gestört, wird es eine Knick in den LeserInnenzahlen geben, wird die Beziehungsarbeit zu den Kindern und Jugendlichen nachhaltig gestört. Von den Mitarbeiterinnen erwarten wir, dass sie in vielen Bereichen von vorne anfangen.  Ist dies mit der heute zu verhandelnden Gebührenerhöhung zu rechtfertigen? Die Linke sagt Nein.

Wenn wir die Arbeit unterstützen und anerkennen wollen, wenn wir Lesekultur fördern wollen, dann sollten wir nicht die Gebührensatzung erhöhen. Und machen uns vielleicht mit einem der nächsten Haushalte auf den Weg Benutzungsgebühren gänzlich abzuschaffen.

Die Außenwirkung ist sicher verheerend: Für FSV Union gibt es eine zinslosen Kredit, für die Straßenausbaubeiträge versucht der Bürgermeister auf möglichen Einnahmen zu verzichten, die Stundung der Altanschließergebühren erfolgt ebenso zinslos, aber für die Bibliothek – für Bildung!- erhöhen wir die Gebühren.  Spannender aus Sicht der Fraktion wäre es, über die weitere Entwicklung der Bibliothek zu reden. Zum Beispiel, ob eine Zweigstelle in Nord sinnvoll wäre (z.B.. im Mehrgenerationenhaus ). Und wie wir die Arbeit / Ausstattung unsere kleinen Schulbibliotheken  unterstützen können, inwiefern hier auch die Bibliothek eingebunden werden kann.

Vielleicht rechtfertigen Leistungserweiterung am ehesten Gebührenerhöhungen ...

 

Samstag, 2. April 2011

Linksfraktion zieht Bilanz

Der Widerspruch veröffentlicht in seiner neuesten Ausgabe ein Inerview mit mir und meinem Fraktionskollegen und Freund, Gerold Sachse, zur Halbjahresbilanz der Stadtfraktion. Das ungekürzte Interview lest ihr hier:

Bei der Kommunalwahl im Herbst 2008 wurde DIE LINKE in Fürstenwalde mit 36,1 % und 11 Sitzen zum zweiten Mal in Folge stärkste Kraft in der Stadtverordnetenversammlung. WIDERSPRUCH fragt nach der Zwischenbilanz, also was konnte DIE LINKE für die
Bürgerinnen und Bürger erreichen?


Gerold: Eines muss erst mal klar sein. Als stärkste Fraktion ist man nicht automatisch auch die stärkste. Mit elf von 32 Sitzen können wir nichts eigenständig erreichen und verändern. Wir brauchen Unterstützung aus den anderen Fraktionen, sonst bekommen wir keine Mehrheiten zustande. Und diese Partner fehlten immer, wenn es um soziale Probleme ging. Da waren sich alle einig – gegen uns.

Stephan: Wichtig ist mir dabei, dass wir als Linksfraktion es in der Hand haben, ob wir Partner finden oder nicht. Das hat zuerst etwas mit unserem Auftreten zu tun. Sind wir als verlässlicher Partner anerkannt? Sind wir fähig, Kompromisse zu suchen und zu schließen? Stehen wir isoliert im politischen Raum oder sind wir bündnisfähig auch über die Fraktionen hinaus? Haben wir Unterstützung aus der Stadtgesellschaft? Und es hat natürlich auch etwas mit der Qualität unserer Anträge und Argumentationen zu tun. Maria Meinl hat in unserer letzten Fraktionsklausur zu recht für das Projekt 17 geworben, soll heißen für all' unsere Vorhaben brauchen wir mindestens 17 Stimmen. Und vor dem Antragstellen müssen wir uns die Frage beantworten, gibt es die Chance auf diese 17 Stimmen.

Während die vorhergehenden Fraktionen immer personell sehr stabil aufgestellt waren, ist das von der jetzigen Fraktion nicht zu berichten. Beeinflusst das Euer Wirken sehr?

Stephan: Es macht es auf alle Fälle nicht leichter. Erst der Weggang von Stefan Sarrach ans Sozialgericht, wo er nun seit über einem Jahr sehr geachtet Sozialrecht spricht. Dann der unerwartete Tod von Helga Paschek. Gleich zweimal verlor die Fraktion in kurzer Zeit ihren Kopf. Aber es spricht auch für jeden einzelnen von uns, dass diese Situation die Fraktion nie handlungsunfähig werden ließ. Im Gegenteil: Nach innen halfen alle zu stabilisieren, nach außen waren wir immer mit sehr viel Sachkenntnis handlungs- und politikfähig. Und dies immer sehr berechenbar. Das wertschätzen sicher auch viele Partnerinnen und Partner in der Kommunalpolitik an uns.

Gerold: Mit Stephan jetzt als Fraktionsvorsitzenden haben wir unsere Stabilität wieder erlangt. Und wir arbeiten noch stärker als bisher im Team. Stephan trat dann auch als Bürgermeisterkandidat der LINKEN an und wir führten einen in der Stadt sehr stark beachteten Wahlkampf – allerdings hätten wir uns mehr erhofft als einen dritten Platz.
Sven Oberländer und Sabine Lenz, die für Stefan Sarrach und Helga Paschek in die Stadtverordnetenversammlung nachgerückt waren, waren aus beruflichen Gründen leider oft verhindert. Sven musste sich zudem noch einer Verleumdungskampagne einer Reklame-Wochenzeitung erwehren. Sabine hat inzwischen ihr Mandat niedergelegt, Sven will es demnächst tun, weil er als Entwicklungshelfer mehr in Afrika ist als hier in Fürstenwalde.

Man merkt, gutes Klima ist Euch wichtig. In der Fraktion, in der Politik, aber auch in der Stadt und der Region ...?

Gerold: Da sind wir auch besonders stolz drauf: die einstimmig verabschiedete Klimaschutzkonzeption für Fürstenwalde wurde auf unsere Initiative hin durch die Verwaltung und beteiligte Experten, wie den Fürstenwalder KlimaTisch, erarbeitet. Gemäß dem Prinzip "Global denken – lokal handeln" wollen wir dazu beitragen, den Ausstoß von CO2 deutlich zu verringern, umweltfreundliche Energien zu erzeugen und vor allem Energie einzusparen. Fürstenwalde wird zu einem Zentrum der Erzeugung von Solarenergie, zumal sich bei uns auch höchst innovative Produktionsunternehmen angesiedelt haben.

Stephan: Wobei zur Wahrheit auch gehört, dass wir, bezogen auf den aktuellen Haushalt, auf halbem Wege stehen geblieben sind. Denn zur Umsetzung der Maßnahmen der Klimaschutzkonzeption finden sich keine finanziellen Mittel. Aber ich glaube auch, dass sich das Potential der Studie erst langsam allen erschließt. Dass wir über eine neue, gänzlich andere Mobilität reden müssen - und dass das deutlich gegen klassischen Straßenbau spricht. Dass zur dezentralen Energieerzeugung mehr als nur Leuchtturmprojekte gehören. Dass unsere Möglichkeiten nicht beim kommunalen Eigentum stehen bleiben dürfen und und und ... . Aber wir sorgen weiter dafür, dass die Studie nicht für die Ablage produziert worden ist.

Gebaut wird viel in der nächsten Zeit in Fürstenwalde.

Stephan: Ja, weil wir wissen, dass Stillstand automatisch zum Rückschritt wird. Und Fürstenwalde muss sich weiter entwickeln, lebendig und modern. Sozial und ökologisch.
Dazu gehört die Zentrumsentwicklung mit der begonnenen Sanierung des Alten Rathauses, der Umgestaltung des Marktecks und Gestaltung des Marktplatzes, der Reinheimer Straße, des Paradeplatzes und Bananenkellers.
Aber auch das geplante Jugendgästehaus stärkt den Bildungsstandort Fürstenwalde ungemein. Dass es uns gelungen ist, mit dem Verwaltungsneubau am Bahnhof  die Firma NCC als einen der größten regionalen Arbeitgeber in der Stadt zu halten, ist immens wichtig.

Aber nicht unumstritten.

Ja, aber vor allem, weil die Sache mit zwei Fehlern behaftet war. Erstens wurde das Projekt immer in einem Atemzug mit einem möglichen Umzug der Stadtverwaltung in zehn Jahren kommuniziert. Eine völlig offene und vor allem unnötige Debatte zur Unzeit. Und zweitens - und das ist mir viel wichtiger - weil wir weder in der Kommunikation nach außen noch jetzt im Planungsverfahren spürbar, auch nicht selbst, verinnerlicht haben, dass wir mit den beiden Investitionen einen unheimliche Chance zur städtebaulichen Entwicklung der Bahnhofsvorstadt haben. Die müssen wir nutzen, das wird zur Chance für Fürstenwalde Nord und seine Bewohner. Dies nach außen offensiv kommuniziert und in der Planung nachvollzogen würde uns sehr viele Unterstützer für das Projekt bringen. Doch der städtebauliche Wettbewerb ist nicht gestartet und das neue NCC - Gebäude hat die Chance, zu einem neuerlichen städtebaulichen Missstand zu werden. Das ist sehr ärgerlich.

Ordnung und Sicherheit ist Euch auch immer ein wichtiges Thema gewesen.

Gerold: Und der Erhalt und die Pflege des städtischen Grüns! Dass wir als eine der ersten Kommunen im Landkreis eine eigene Baumschutzsatzung erlassen und diese jetzt nach einem Jahr überprüft und novelliert haben, ist Ergebnis unseres Handelns.
Und nach dem Desaster mit dem unzureichenden Winterdienst im vergangenen Jahr wurden u.a. auch auf unser Drängen hin in der Stadtverwaltung eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Situation zu verbessern. So wird z.B. auch verstärkt darauf Wert gelegt, dass auch die Anlieger ihre Verpflichtungen erfüllen. Ansonsten liegen unsere Vorschläge zur Überarbeitung der Stadtsatzung leider immer noch "zur Prüfung" in der Verwaltung. Als Hauptausschussvorsitzender werde ich das Thema in einer der nächsten Sitzungen wieder auf die Tagesordnung holen.

In der letzten Zeit war nicht viel von Kompromissfähigkeit zu hören von Eurer Fraktion. Zum Thema Heideland ein lautes und energisches Nein, zum Ausbau der Sandstraße deutliche Abgrenzung zu den anderen Fraktionen und auch in der Haushaltsdebatte war nicht alles eitel Sonnenschein.
Gerold: Gegen unseren Widerstand hat die Stadtverwaltung mit Unterstützung der anderen Parteien beschlossen, eine Außenbereichssatzung für Heideland zu erarbeiten.
Wir sind der Meinung, dass hiermit Hoffnungen und Begehrlichkeiten geweckt werden, die nicht erfüllbar sind. Eine solche Satzung kann dort weder Baurecht schaffen noch eine nachträgliche Legalisierung von Schwarzbauten bewirken, davon abgesehen ist sie rechtlich gar nicht möglich.

Stephan: Zum Grundsatz gehört, dass wir uns nicht an Schwarze-Peter-Spielen von wem auch immer beteiligen. Das ist für die Bürger seltenst nachvollziehbar und lösungsorientiert. Denn es geht da nicht um eine Lösung, sondern immer nur darum, einem anderen die Schuld anzulasten. Das ist im Übrigen im Moment leider auch in der Debatte der Altanschließer so.
Ansonsten meine ich, zur Verlässlichkeit gehört auch, nicht jeder Sau, die durchs Dorf getrieben wird, hinterher zu rennen.

Womit seid ihr unzufrieden im Moment?

Gerold: Da gibt es einiges. Aber vor allem geht es in der Diskussion zur Sozialstruktur in der Stadt nicht wirklich weiter. Wir haben zwar - auf unseren Antrag hin - eine Richtlinie zur Förderung der Wohlfahrtspflege erlassen, die in diesem Jahr erstmalig Anwendung findet und somit eine Überprüfung aller geförderten Projekte auf ihre Wirkung und ihren Nutzen, aber auch auf Doppelstrukturen, zulässt, aber das hat uns in der gerade abgeschlossenen Haushaltsdiskussion noch keinen Schritt weiter gebracht. Wir stoßen auf Granit, wenn es darum geht, einen großen Anbieter von Sozialleistungen in die städtische Förderung aufzunehmen. Allein das Angebot der Fürstenwalder Tafel wird im Durchschnitt im Monat von knapp 1.000 Bedürftigen in Anspruch genommen.
Wir sind noch keinen Schritt weiter mit dem Projekt, einen Sozialpass zu schaffen, mit dessen Hilfe Einwohner mit geringem Einkommen unentgeltlich oder verbilligt kulturelle, sportliche oder Freizeitangebote nutzen könnten. Wir denken dabei vor allem auch an die Kinder, von denen nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung in Fürstenwalde 41 % in Armut leben. Und auch ein kostenloses, gesundes Mittagessen an allen Fürstenwalder Schulen ist noch nicht am Horizont zu sehen.

Stephan: Das ist richtig. Soziales und Stadtentwicklung sind die größten Baustellen, die noch vor uns liegen. Gerade auch in der Stadtentwicklung sind wir dabei, unseren landesweiten Spitzenplatz zu verspielen. Und dies aufgrund von Ränkespielen am Hofe, sprich in der Stadtverwaltung.

Wir danken Euch herzlich für das Gespräch und wünschen viel Spaß bei der weiteren Arbeit!